Exorbitanter Verbrauch bei Pauschale für Warmmiete

  • Hallo,

    in einem Haus, in dem zwei Wohnungen von V vermietet werden, ziehen zum 06.04 zwei Personen in eine dieser beiden Wohnungen ein. Insgesamt einen Monat stand diese leer, die andere wurde und wird auch aktuell von zwei anderen Personen seit meheren Jahren bewohnt. Es ist nach Mietvertrag ein Pauschalbeitrag für die Nebenkosten vereinbart. Genannt ist, dass die Wohnung für den Betrag 1020€ monatlich warm vermietet wird und wörtlich „ 1020€ warm, d.h. all incl. bis auf Strom“ im Vertrag geschrieben ist. Es ist kein Betrag genannt, zu welchem Preis die Wohnung monatlich kalt vermietet wird und insbesondere sind keine weiteren Details zum Mietpreis und den Nebenkosten gemacht worden. Die Wohnung besitzt ein Badezimmer, eine Küche und zwei weitere Wohnzimmer. Ein Waschmaschinenanschluss befindet sich im Keller. Über die Größe der Wohnung ist im Mietvertrag nichts genannt, schätzungsweise ist sie 55 qm groß.
    Der Vermieter V ließt monatlich den Kaltwasserverbrauch, sowie den Gasverbrauch der zwei Wohnungen ab. Es ist nicht möglich den Verbrauch einer der Wohnungen durch den Zähler zu bestimmen, wenn beide Parteien über den Zeitraum, in dem abgelesen wird, zu Hause sind. In den letzten vier Jahren vor dem Einzug der neuen Mieter gab es in beiden Wohnungen einen Kaltwasserverbrauch von 11 bis 17 Kubikmetern. Er selbst übernimmt die Hausmeistertätigkeiten und kümmert sich um den Garten.
    Als die neuen Mieter eingezogen sind, erhöhte sich der Verbrauch auf 23 bis sogar 27 Kubikmeter im Monat. Als die Mieter, welche schon länger im Zweiparteienhaus wohnen, für 16 Tage im Urlaub waren, hat der Vermieter V einen Wasserverbrauch von teilweise über einem Kubikmeter an einem Tag ablesen können. Der Gasverbrauch war laut Aussage des Vermieters V in dieser Zeit ebenfalls sehr sehr hoch. Teilweise kam er nachts gegen 22 Uhr oder später in den Keller des Zweiparteienhauses und fühlte am Abwasserrohr, dass Wasser abläuft, welches enorm heiß ist - so heiß, dass man nicht einmal darin baden kann. Am 15.08. sprach der Vermieter die neuen Mieter an und berichtete ihnen seine Beobachtungen, dass der Verbrauch exorbitant hoch sei. Er folgerte, dass die neuen Mieter vor allem für diesen hohen Verbrauch verantwortlich seien und behauptete, dass schon 1500€ Nachzahlung an Kaltwasser und Gas fällig sein werden, weswegen er von ihnen eine Erhöhung von knapp 100€ der Warmmiete forderte. Die neuen Mieter können sich nicht erklären, wie dieser Verbrauch zustande kam. Sie behaupten, dass sie sehr gerne baden, ausschließlich per Hand spülen und als Studenten, die ihre Abschlussarbeit schreiben, sehr oft daheim sind. Da ab 23 Uhr kein weiteres Wasser im Wassertank (300 Liter) erhitzt wird, behaupteten die neuen Mieter auch, dass sie in der Vergangenheit öfter das Wasser am Abend laufen lassen haben, um zu sehen, ob und wie lange es dauert, bis kein warmes Wasser mehr kommt. Dass kein neues Wasser ab 23 Uhr erwärmt wird, ist im Mietvertrag nicht genannt und wurde auch so nie zwischen V und den neuen Mietern kommuniziert.
    Sie erklären sich weiter kooperativ und möchten für die Zukunft ihren Verbrauch ganz genau im Blick behalten. Der Vermieter V schließt aus, dass der hohe Verbrauch durch einen Defekt am Haus zustande kommt. Die neuen Mieter behaupten, dass sie in der Vergangenheit nie Probleme mit ihren Verbrauch hatten.
    Die Fragen sind:

    Was ist hierbei ein normaler oder angemessener Verbrauch, an dem sich die neuen Mieter orientieren können ? Da im Mietvertrag nicht genannt ist, wie hoch der Pauschalbeitrag im Monat ist, muss konkretisiert werden, an welchen Kosten sich der Vermieter orientieren kann.

    Angenommen, die neuen Mieter haben weiterhin einen so hohen Verbrauch und der Vermieter muss tatsächlich 1500€ nachzahlen. Kann er dann das Geld von den neuen Mietern einfordern ? Müssen die neuen Mieter die Forderung des Vermieters behüglich einer Erhöhung der Warmmiete von 100€ monatlich nachkommen ?

    Wie sollten sich am besten die neuen Mieter und der Vermieter verhalten ? Ein gutes Verhältnis ist dabei grundlegend für beide Parteien.

    Vielen Dank!

  • Hallo,

    laut statistischem Bundesamt (Destatis) nutzt jede/r Einwohner/in in Deutschland im Schnitt 128 Liter Wasser pro Tag. Bei 2 Personen wären das also knapp 8 Kubikmeter im Monat.

    In dem genannten Fall dürften die reinen Wasser- und Abwasserkosten im Vergleich zu den Energiekosten eher gering ausfallen.

    Ich würde zudem sagen, der Vertrag ist in dieser Form nicht zulässig, denn:

    Zitat von Urteil des BGH vom 19.7.2006 Az. VIII ZR 212/05

    Die im Mietvertrag enthaltene Vereinbarung einer Bruttowarmmiete ist mit den Bestimmungen der Heizkostenverordnung nicht vereinbar. Danach hat der Gebäudeeigentümer den anteiligen Verbrauch der Nutzer an Wärme und Warmwasser zu erfassen (§§ 4 und 5 HeizkV) und auf dieser Grundlage die Kosten auf die einzelnen Nutzer zu verteilen (§§ 6 bis 9 HeizkV). Hierzu stehen Vertragsgestaltungen in Widerspruch, die für Heizung und Warmwasser unabhängig vom tatsächlichen Energieverbrauch des Nutzers ein pauschales Entgelt vorsehen. So liegt es auch bei einer Bruttowarmmiete, weil hierdurch im Regelfall alle umlagefähigen Betriebskosten einschließlich der Heiz- und Warmwasserkosten abgegolten werden.

    Es gibt zwar auch dabei Ausnahmen, z.B. für vermietete Zimmer oder ähnliches, aber in dem genannten Fall scheinen mir diese Ausnahmen nicht zutreffend zu sein, da es sich um eine normale Wohnung handelt.

    Eine Nachforderung von 100 Euro im Monat halte ich nicht für durchsetzbar. Niemand kann beweisen, dass diese Partei für den Verbrauch verantwortlich ist.

    Ich würde dem Vermieter raten, im Einvernehmen mit seinen Mietern einen neuen Vertrag auf Basis einer Kaltmiete mit Betriebskosten (Nebenkosten) zu machen. Sicherlich sind dazu einige Umbaumaßnahmen (z.B. Wasserzähler, Wärmemengenzähler) notwendig, aber es ist danach für beide Parteien transparenter und niemand braucht Nachts in den Keller laufen und abfließender Wärme hinterherfühlen. Auch im Sinne des Umweltschutzes ist es auf jeden Fall von Vorteil, weil die Verbraucher ihr Verhalten dann eher hinterfragen.

    Viele Grüße!

  • Da im Mietvertrag nicht genannt ist, wie hoch der Pauschalbeitrag im Monat ist, muss konkretisiert werden, an welchen Kosten sich der Vermieter orientieren kann.

    Man kann als Mieter eine Abrechnung über die Heiz- und Warmwasserkosten verlangen unabhänig von der Vereinbarung im Vertrag. Eine Ausnahme davon wäre nur gegeben, wenn der Vermieter eine der beiden Wohnungen selbst bewohnen würde, was hier offenbar nicht der Fall ist. Selbstverständlich können dabei nun Diskussionen entstehen, wie viel man in dieser Abrechnung als Vorauszahlung ansetzen muss, da dies im Vertrag nicht aufgeschlüsselt ist. Doch da ist es am Vermieter sich zu erkären, wie er die Gesamtmiete kalkuliert hat. Im Zweifel muss man sich auf eine Schätzung einigen, denn von einer gerichtlichen Auseinandersetzung hat keiner wirklich was gewonnen.

    Da nun keine Zählerwerte vorhanden sind, dürfen die Mieter dann die Kosten um 15% kürzen gemäß §12 der Heizkostenverordnung.

    Wie sollten sich am besten die neuen Mieter und der Vermieter verhalten ?

    Der Vermieter sollte überzeugt werden, dass er Verbrauchsmessgeräte einbauen lassen muss, um zu einer gerechten Kostenverteilung zu kommen und um den Anforderungen des Gesetzgebers nachzukommen. Wenn er nicht weiß, wohin er sich dazu wenden kann, darf er gern an service@nebenkosten-berechnen.de schreiben. Dort wird ihm auch die Abrechnung erstellt.

  • Hallo,


    vielen Dank für die enorm hilfreichen Antworten zu dieser Situation. Ich hätte jedoch noch ein paar Rückfragen:


    Muss der Mietvertrag - da er in dieser Form nicht zulässig ist - umgeschrieben werden (?), gibt es hierfür eine konkrete Frist (?) und müssen die neuen Mieter diesen umgeschriebenen Vertrag annehmen ?


    Die Verbrauchswerte liegen deutlich über den Durchschnitt. Angenommen, der Vermieter entscheidet sich dafür, eine "Nebekostenpauschale" einzuführen: Teilt man die "Bruttowarmmiete" in eine Kaltmiete plus einer Nebenkostenpauschale auf, so trägt der Vermieter das Risiko einen Mehrverbrauch der neuen Mieter zu bezahlen. Gibt es hierbei eine obere Grenze, ab der der Vermieter diesen Mehrverbrauch an Wasser und Gas der neuen Mieter nicht mehr tragen muss und von den neuen Mietern einfordern kann ?


    Zudem sei angenommen, dass das Mietverhältnis aufgrund eines Inserates auf einer Website zustande kam, auf der es möglich ist, die angebotenen Mietwohnungen über die Höhe der angegebenen Kaltmiete zu filtern. Dabei sei die Mietwohnung, in die die neuen Mieter eingezogen sind, mit einer Kaltmiete von X€ und Nebenkosten von Y€ inseriert worden, wobei X und Y durchschnittlich hoch angesetzt waren und die Summe aus X und Y gleich der Bruttowarmmiete im aktuellen Mietvertrag entspräche. Haben die neuen Mieter das Recht, den bisherigen Mietvertrag so umschreiben zu lassen, dass er sich mit den im Inserat angegebenen Werten der Kaltmiete und der Nebenkosten deckt ?


    Vielen Dank und liebe Grüße!

  • Muss der Mietvertrag - da er in dieser Form nicht zulässig ist - umgeschrieben werden

    Nein. Die Inklusivmiete ist im Bezug auf die Heizkosten einfach nur unwirksam, weil die Gesetze der Heizkostenverordnung Vorrang haben.

    so trägt der Vermieter das Risiko einen Mehrverbrauch der neuen Mieter zu bezahlen

    Für die anderen Nebenkosten außer den Heizkosten ist eine Inklusivmiete zulässig, somit also auch für die Wasserkosten. Und ja, der Vermieter trägt das Risiko. Wenn ein Mieter mehr Wasser verbraucht als in der Pauschale einkalkuliert wurde, dann kann der Vermieter nicht rückwirkend Geld nachfordern.

    Haben die neuen Mieter das Recht, den bisherigen Mietvertrag so umschreiben zu lassen, dass er sich mit den im Inserat angegebenen Werten der Kaltmiete und der Nebenkosten deckt ?

    Nein. Die Angaben in einem Inserat sind nicht bindend. Es zählt einzig und allein, was im Vertrag vereinbart ist bzw. das Gesetz vorrangig vorschreibt. Wenn es aber nun zur Diskussion kommt, wie viel der Vermieter an Heizkosten einkalkuliert hat und bei einer Abrechnung darüber gegenzurechnen ist, haben die Mieter mit der Erkenntnis aus dem Inserat durchaus ein Argument, auf einen reellen Betrag zu kommen.

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