Mietvertrag mit erweiterten Pflichten

  • Hallo allerseits,

    Ich bin neu hier und hoffe, dass ihr mir mit einem Problem helfen könnt, auf das ich mit einer Suche im Netz erstmal keine Antwort gefunden habe.


    Stellt euch diese Situation vor:
    Eine Gruppe von Personen möchte sich in einem thematisch gebundenen Projekt zusammenfinden und zusammen wohnen. Angenommen, eine Person ist Eigentümer und Vermieter und die anderen mieten, und insgesamt wohnen alle gemeinsam in dem Objekt. Der Mietvertrag könnte von Vermieter- und Mieterseite gemeinsam gestaltet werden. Dabei sind sich alle über ein paar gemeinsame Grundlagen des Zusammenlebens einig. Diese gemeinsamen Grundlagen sind in einem Gemeinschaftsvertrag festgehalten, den einzuhalten sich alle verpflichten.

    (Ein Beispiel wäre u.a., dass sich die Bewohner alle zu regelmäßigen Treffen zusammenfinden, und die Regel wäre, dass jedes Mitglied des Projets mindestens einmal im Monat an so einem Treffen teilnehmen soll, wenn es sich nicht begründet abmeldet).

    Könnte man diese gemeinsamen Regeln auf eine Weise in den Mietvertrag übernehmen, sodass die Absprachen als Mieterpflichten gelten? Die Gruppe würden es gern so regeln, dass wenn Mitbewohner langfristig die gemeinsam aufgestellten Regeln ignorieren, sie den Vertrag ordentlich kündigen können (mit den 3 Monaten Frist nach § 573 Satz 2), weil es sich um eine Pflichtverletzung handelt. Auf diese Weise wollen sie den entsprechenden Mitbewohner zeitnah durch jemanden ersetzen können, der sich den gemeinsamen Absprachen stärker verpflichtet fühlt.

    Die Gruppe würde eine Art Gemeinschaftsvertrag bzw. eine Hausordnung formulieren, in die die gemeisamen Regelungen aufgenommen werden.
    In den Mietvertrag jedes einzelnen Mitglieds würde hineingeschrieben werden, dass eine Pflicht ist, die Hausordnung/den Gemeinschaftsvertrag einzuhalten. Wiederholte Verletzungen des Gemeinschaftsvertrags wären dann eine Verletzung der Mieterpflicht. Stimmt das so?

    Würde eine solche Regelung funktionieren?

    Vielen Dank im Voraus!

    Sorokine

  • Hallo Sorokine,

    nachdem das eine recht ungewoehnliche Konstellation ist, wird es kaum jemanden geben, der Dir das eindeutig beantworten kann. Persoenlich wuerde ich aber zu "nein" tendieren.

    Wenn Du diesen Vetrag mit mehr als 2 Mietern schliesst, gilt er als AGB und unterliegt der AGB Kontrolle. Damit sind dann "unerwartete Regelungen" schlichtweg ungueltig. Und da die von Dir vorgesehenen Regelungen unueblich sind, wuerden sie meines Erachtens von den Gerichten gekippt werden.

    cu
    Guenni

  • Würde eine solche Regelung funktionieren?

    Vielen Dank im Voraus!

    Sorokine

    Hallo,

    und die Antwort ist nein nicht in mietrechtlicher Hinsicht!

    Das Eine hat mit dem Anderen nicht im geringsten zu tun, siehe hier die Unterschiede:

    Mietrecht:

    http://www.buergerliches-gesetzbuch.info/bgb/535.html

    Die Pflichten der Gemeinschaft im Zusammenhang des Zusammenlebens solltet ihr mit einer bindenden Gemeinschaftsordung regeln, um diese auch vor dem Gesetz Bestand haben zu lassen wäre zum Beispiel eine Gründung einer sog. GbR anzudenken.

    Gruß

    BHShuber

  • Hallo allerseits,

    Danke für die Meinungen! Ich habe noch zwei Rückfragen.

    Guenni:
    Ich hatte hier gelesen: "Die Parteien haben die Möglichkeit, weitere Pflichten zu Hauptpflichten des Mieters zu machen. Dies muss jedoch ausdrücklich vereinbart werden."
    Stimmt denn das, was da steht, überhaupt?
    Angenommen, es stimmt. Dann habe ich eine Rückfrage zu deiner Aussage mit der AGB-Regelung. Wenn die zusätzlichen Pflichten ausdrücklich vereinbart sind (die Teilnehmer schreiben das ja extra deswegen rein, weil sie sich überlegt haben, dass sie es genau so wollen), würde es dann tatsächlich im AGB-Sinne "unerwartet" sein? Ist denn eine Regelung, die vom Standardfall abweicht, immer "unerwartet" und damit ungültig? Das kann ja nicht sein, oder?

    BHShuber
    Und die zweite Frage: Das Projekt gründet sowieso eine GbR, das hatte ich nur nicht extra erwähnt. :) Das steht schon länger fest.
    Allerdings gibt es wohl keine Möglichkeit, die Einhaltung des GbR-Vertrags irgendwie mit der Miete zu verbinden, sodass ein grober Verstoß gegen den GbR-Vertrag einen Grund für die ordentliche Mietkündigung liefern würde, oder? Das wäre nämlich genau das, was für diesen Fall praktibal wäre. Ist so etwas generell nicht möglich?

    Vielen Dank für die bisherigen Antworten!

  • Das Projekt gründet sowieso eine GbR, das hatte ich nur nicht extra erwähnt. :) Das steht schon länger fest.
    Allerdings gibt es wohl keine Möglichkeit, die Einhaltung des GbR-Vertrags irgendwie mit der Miete zu verbinden, sodass ein grober Verstoß gegen den GbR-Vertrag einen Grund für die ordentliche Mietkündigung liefern würde, oder? Das wäre nämlich genau das, was für diesen Fall praktibal wäre.


    Ich meine ja. Vorschriften des Mietrechts gem. BGB wären also hier nicht anwendbar. Wir haben ja Vertragsfreiheit.

  • Hallo allerseits,

    Danke für die Meinungen! Ich habe noch zwei Rückfragen.

    @
    BHShuber
    Und die zweite Frage: Das Projekt gründet sowieso eine GbR, das hatte ich nur nicht extra erwähnt. :) Das steht schon länger fest.
    Allerdings gibt es wohl keine Möglichkeit, die Einhaltung des GbR-Vertrags irgendwie mit der Miete zu verbinden, sodass ein grober Verstoß gegen den GbR-Vertrag einen Grund für die ordentliche Mietkündigung liefern würde, oder? Das wäre nämlich genau das, was für diesen Fall praktibal wäre. Ist so etwas generell nicht möglich?

    Vielen Dank für die bisherigen Antworten!

    Hallo,

    meiner Meinung nach werden hier verschiedene Rechtsgebiete durcheinandergewürfelt die einer objektiven Trennung bedürfen.

    Gesellschafts- und Vertragsrecht
    vs.
    Mietrecht

    Gruß

    BHShuber

  • Hallo Sorokine,

    ein derartiger Passus im Mietvertrag waere vielleicht unter den urspruenglichen Unterzeichnern gueltig, weil man da wohl nachweisen koennte, dass dies eine Individualvereinbarung ist, die dem freien Willen der Vertragspartner entspringt und unter ihnen ausgehandelt wurde. Meines Erachtens fallt Ihr aber damit spaetestens dann auf die Nase, wenn einer der urspruenglichen Mieter ausgeschieden ist und Ihr Ersatz aufnehmt.

    Denn nach §305c BGB werden ueberraschende Bestimmungen in AGB nicht Vertragsbestandteil. Und da unsere Richter der Ansicht sind, dass im Mietrecht drei bereits eine Vielzahl nach §305 BGB ist, ist dieser Paragraph fuer Eure Mietvertraege anzuwenden.

    Mir scheint da auch der Ansatz, das im GbR Vertrag zu vereinbaren und lediglich die Einhaltung des GbR Vertrags im Mietvertrag zu verankern vielversprechender.

    cu
    Guenni

  • Hallo Sorokine,


    Mir scheint da auch der Ansatz, das im GbR Vertrag zu vereinbaren und lediglich die Einhaltung des GbR Vertrags im Mietvertrag zu verankern vielversprechender.

    cu
    Guenni

    Hallo,

    jegliche Vermischung die nicht in einen Mietvertrag über Wohnraum gehören werden regelmäßig als nichtig erklärt.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Wohnraummietrecht

    Pflichten die über das Maß und den Bestimmungen eines Mietvertrages hinausgehen sind nichtig auch nicht mit Individualvereinbarung weil die genannten Pflichten ein ganz anderes Rechtsgebiet betreffen!

    Pflichten die ein Mitglied einer Gemeinschaft oder Gesellschaft mietvertraglich dazu verpflichten an Mietertreffen teilzunehmen sind nichtig.

    Das eine ist ein mietvertragliches Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter, das Andere ist eine Gemeinschaft-Gesellschaft die aufgrund eines gemeinschaftlichen Projektes zusammenwohnt und arbeitet, beides miteinander vermischen geht nicht!

    Gruß

    BHShuber

  • Hallo,

    es scheint tatsächlich so zu sein, dass so eine Idee in unserer Republik nicht umzusetzen ist. Bei der deutschen Rechtsprechung ist der Begriff der Vertragsfreiheit leider nur noch eine Worthülse.

    Gerade in den Bereichen des Mietrechts und des Verbraucherschutzes ist es kaum noch möglich etwas so zu vereinbaren, dass man auch eine tatsächliche Rechtssicherheit hat. Hier gibt es ständig irgendwelche Rechtsprechungen, die geschlossenen Vereinbarungen für ungültig erklären, oder widerrufbar machen.

    Sehr schade, weil ich persönliche diese Wohnkonzepte mit verbindlichen Rechten und Pflichten sehr gut finde.

    Gruß
    H H

    Gruß
    H H

  • Das ist wirklich schade! Man müsste doch meinen, das freiwillig unter volljährigen Menschen abgeschlossene Verträge eine gewisse Gestaltungsfreiheit hätten :/

    Vielen Dank an alle aber für die Meinungen und Ratschläge, die waren sehr hilfreich. Dieses Forum ist wirklich super.

  • Das ist wirklich schade! Man müsste doch meinen, das freiwillig unter volljährigen Menschen abgeschlossene Verträge eine gewisse Gestaltungsfreiheit hätten :/

    Vielen Dank an alle aber für die Meinungen und Ratschläge, die waren sehr hilfreich. Dieses Forum ist wirklich super.

    Hallo nochmal,

    bitte das nicht miss zu verstehen, untereinander könnt ihr Regeln was ihr wollt, allerdings nicht im Mietvertrag denn dieser unterliegt dem Mietrechtsgesetz und das sieht nun mal vor, dass vertragliche Regelungen die über das gesetzliche Maß hinaus einen Mieter verpflichtet Dinge zu tun, die mit dem Mietrecht nichts gemein haben, nicht gültig sind.

    Ihr könnt in einem BGB-Gesellschaftsvertrag durchaus regeln, dass die Mitglieder der Gbr verpflichtet sind an wöchentlichen Sitzungen teilnehmen müssen oder in einer Gemeinschaftsordnung der Gbr das so festlegen.

    Gruß

    BHShuber

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